Blick

in die Evangelische Kirchengemeinde Eisenberg/Pfalz



Andachten 1996 - Januar bis Juni:



Monatsspruch Januar:

Weise mir, Herr, deinen Weg; ich will ihn gehen in Treue zu dir.
< Psalm 86, Vers 11 >


Liebe Gemeinde,

weise mir, Herr, deinen Weg; ich will ihn gehen in Treue zu dir. - Was für ein Lebensgefühl, - da wird nach dem Weg Gottes gefragt, - wir fragen doch nach unserem Weg. - Wichtig ist da: Durchsetzungsvermögen, das brauchen wir in Beruf und Politik, aber auch im privaten Bereich. Da gilt: Wo finden wir Verbündete, oder welcher Seilschaft schließen wir uns an, damit wir unseren Weg gehen können? Anlehnung ist da nicht gefragt. - Ach ja! Da ist ja auch noch die Selbstverwirklichung: Wie soll die erreicht werden, wenn wir uns an einen anderen anlehnen? - Nein, für unser aufgeklärtes Zeitalter paßt dieser Spruch nicht, er atmet Untertanengeist und nicht den Geist der Freiheit.
Doch - Hand aufs Herz! - ist nicht eine tiefe Sehnsucht in uns nach einem, dem ich mich anvertrauen kann, der mein geschundenes Selbstvertrauen, meine Irrungen und meine Hilflosigkeit aufnimmt und mir weiterhilft? Soll ich aus Angst vor Fremdbestimmung darauf verzichten? Weil wir in anlehnungsbedürftigen Augenblicken unser Leben verspielen, wenn wir an den Falschen geraten, will uns der Monatsspruch davor bewahren, und fordert uns auf, den Weg Gottes zu erkennen, weil er der Weg des Lebens ist. Dieser Gott fordert unsere Eigeninitiative, damit wir in einem großen Lebensentwurf seinen Weg nachzeichnen können, einen Weg, der nicht immer ein Höhenweg ist, kein seliges Wandeln, sondern durch Krankheit, Einsamkeit oder Konfliktsituationen und auch in ungewünschte Ausweglosigkeit führt. Doch seine Spur ist da, wir müssen sie nur erkennen, dann sehen wir, daß diese Spur oft tief eingedrückt ist, weil er uns trägt, ohne daß wir es wissen.
Christus hat seine Spur schon gelegt, wir brauchen ihr nur zu folgen.

Ihr

Pfarrer F. Schmidt



Monatsspruch Februar:

Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber es soll mich nichts gefangennehmen.
< 1. Korinther 6, Vers 12 >


Liebe Gemeinde,

"Über den Wolken muß die Freiheit wohl grenzenlos sein", heißt es in einem bekannten Lied. Doch auch dort gibt es sie nicht, denn in unserer Welt ist alles begrenzt. Dennoch gilt: Christen sind frei. Das Wort von Augustin, dem großen Kirchenvater, "liebe und tue, was du willst," gilt uneingeschränkt. Freiheit und Liebe gehören untrennbar zusammen, und unser Monatsspruch buchstabiert das ganz praktisch. Ich darf alles; aber nicht alles, das ich darf, bereitet mir ungetrübte Freude. Zwischen Freiheit und Gefangenschaft gibt es einen ganz schmalen Grat, den es zu beachten gilt. So steht in den Psalmen einerseits "der Wein erfreut das Herz", und andererseits "der Wein macht Spötter". Zwischen diesen Sätzen verläuft die Grenze zur Unfreiheit. Es kann schon ein Glas sein, das mich beherrscht und das eben mein Herz nicht erfreut. Es ist meine Sache, herauszufinden und entsprechend zu handeln, damit ich Freiheit nicht durch Alkohol ersetze.
Liebe und Ehe, zwei wunderbare Dinge, die ohne Freiheit nicht bestehen können, doch wenn einer die Freiheit benutzt, um Geborgenheit, Gemeinsamkeit und schöne Stunden mit anderen zu suchen, dann wird das Schöne zur Hölle und die Mächte der Unfreiheit, - Abhängigkeit und Kälte, - machen sich breit, das Zusammenleben ist dann nur noch die reinste Hölle.
Deshalb mahnt Paulus: Verspielt Eure Freiheit nicht, erkennt, daß Christus Euch zur Liebe befreit hat. Alles darf zum Leben benutzt werden, doch es darf das Leben nicht beherrschen, denn es steht im Herrschaftsbereich der Liebe Christi, und da hat keine andere Herrschaft etwas zu suchen. Es gilt: Freiheit ohne Liebe führt zum Chaos, das kann man im täglichen Leben und in der Geschichte unschwer belegen. Das Paradebeispiel aus der Geschichte ist die Französische Revolution. Freiheit und Brüderlichkeit waren ihre Ausgangsforderungen, doch bald erstickten diese Forderungen in einem Meer von Blut und Gewalt, weil man Freiheit mit Willkür verwechselte. Davor will uns der Monatsspruch bewahren.

Ihr

Pfarrer F. Schmidt



Monatsspruch März:

Jesus Christus spricht: Wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein.
< Markus 10, Vers 43 >


Liebe Gemeinde,

wer groß werden möchte, muß sich hochdienen, dies ist allgemein anerkannt. Entsprechend dieser Erkenntnis handeln die, die nach oben wollen.
Diese Binsenwahrheit ist für jeden sichtbar, der in diesen Tagen die Veranstaltungskalender der Parteien studiert. Die Politiker, die weiterhin groß sein möchten, machen sich klein und sind für uns da. Sie wissen: Großsein ist ein lohnendes Ziel, dafür kann man sich ruhig eine Zeit kleinmachen. Der Große sieht sich dann plötzlich Zwängen ausgesetzt, die das Dienen erschweren und das Verdienen erleichtern. Jesus kennt die Zwänge, die die Großen umgeben, Zwänge, die ihnen vermitteln, nur sie haben das Wissen und den Durchblick, die anderen sind Dummköpfe, die keine Ahnung von der Wirklichkeit haben. Jesus will vor diesem verhängnisvollen Irrtum bewahren. Er erinnert daran, daß Größe nur dann Bestand hat, wenn die Gabe, die den Menschen groß macht, zum Nutzen des Nächsten eingesetzt wird. Deshalb darf das Dienen mit dem Großsein nicht aufhören.
Ein Blick in die Enthüllungsgeschichten von Korruption, Bestechlichkeit und Egoismus läßt uns schaudern und die bange Frage stellen: Wie soll dies alles weitergehen? - In einer Welt der Arbeitsteilung, in der jeder auf die Vorarbeit eines anderen angewiesen ist, hat egoistisches, korruptes, nur dem Eigeninteresse dienendes Verhalten im politischen und im privaten Bereich katastrophale Folgen.
Der Monatsspruch mahnt an: von Gott verliehene Gaben sind zum Wohl des Nächsten einzusetzen, denn wer seine Gaben nicht für den Nächsten einsetzt, beutet aus, auch wenn alles, was er macht, rechtens ist. Pastor Bodelschwingh formulierte so: Was nicht im Dienst steht, steht im Raub.

Ihr

Pfarrer F. Schmidt



Monatsspruch April:

Gott hat Jesus Christus von den Toten auferweckt und ihm die Herrlichkeit gegeben, so daß ihr an Gott glauben und auf ihn hoffen könnt.
< 1. Petrus 1, Vers 21 >


Liebe Gemeinde,

ohne die Auferweckung Jesu gibt es unseren Glauben nicht. Die Auferstehung ist das Fundament, auf dem alles ruht und das auch am heftigsten angegriffen wird. Der Glaube an die Auferstehung löst nämlich das Spannungsfeld, daß wir zum Sterben geboren sind und zum Leben sterben müssen, nicht auf. Das Sterbenmüssen ist auch für uns Christen eine schmerzliche Erfahrung, der wir nicht entfliehen können. Weite Kreise unserer Gesellschaft lachen über die Hoffnung der Christen auf unzerstörbares Leben über den Tod hinaus. Der Tod verschlingt alles, was wir an Hoffnung haben. Da bleibt dann neben den Absturz ins Nichts höchstens noch eine Vorstellung von Seelenwanderung oder Wiedergeburt, aber der Auferstehung stehen viele Menschen skeptisch gegenüber, und damit werden alle auf diese Auferstehung zurückgehenden Werte, wie die christliche Sonn- und Feiertagskultur, ausgehöhlt und zur Disposition gestellt. Glaubenserfahrungen sind in Gesellschaft und Politik nicht gefragt und selbst von unserem Kirchenpräsident wird in der Auseinandersetzung um den Sonntag nicht daran erinnert, daß es Gott ist, der hinter der Heiligung steht, und daß es nicht in unser Belieben gestellt ist, mit den Glaubenswahrheiten zu verfahren wie mit einer Ware. Der biblische Grundwert des ungeteilten Lebensschutzes darf nicht zur Disposition gestellt und durch Mehrheitsbeschlüsse ersetzt werden, die bestimmen, was zum Leben gehört. Der Glaube an die Auferstehung macht uns Christen zu Fremden, weil er uns zu Störenfrieden macht in einer Welt, in der als oberste Maxime das persönliche Wohlbefinden gilt. Der Auferstehungsglaube stellt dieser Welt die gelebte solidarische Liebe entgegen und bezeugt, Gottes Handeln in der Geschichte hat einen Namen: Jesus Christus, den Gott auferweckt hat.

Ihr

Pfarrer F. Schmidt



Monatsspruch Mai:

Dienet einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes.
< 1. Petrus 4, Vers 10 >


Liebe Gemeinde,

wer kann schon immer dienen, der Lakai sein für andere? - Einmal sich bedienen lassen, das ist doch ein erstrebenswertes Ziel, aus dem sich ein ganzer Dienstleistungszweig aufbaut, damit wir uns Essengehen und Urlaubmachen leisten können. Es ist doch schon, einmal sich bedienen zu lassen und die Arbeit anderer zu genießen. Dafür zahlen wir dann auch gern und lassen andere von uns leben. Doch an Stelle der Bedienenden möchten wir nicht sein, denn was die sich so anhören müssen, ist erstaunlich. Dafür werden sie bezahlt. Im Gegensatz zum Dienen steht das Verdienen bei uns hoch im Kurs. Denn Verdienen bedeutet Macht haben und ausüben, eben, sich Diener leisten zu können. Ein ausgeklügeltes System sorgt dafür, daß das Gefälle zwischen hohen und niedrigen Arbeiten erhalten bleibt. Es muß sich ja lohnen, die bessere Begabung zu haben. Sicherlich mag die Grundordnung für Politik und Wirtschaft gut sein, doch unter uns Christen gilt eine andere Grundordnung, die geht davon aus, daß wir ohne die vielfältige Gnade Gottes nicht leben können. Gottes Liebe gilt allen, er hat keine Günstlinge geschaffen, deshalb sind alle Gaben, die er uns gegeben hat, gleichwertig und dienen dazu, dem anderen etwas von der Liebe Gottes mitteilen zu können. Dazu benötige ich eine ganze Bandbreite von Begabungen, damit die notwendige Bandbreite der Liebesübermittlung erfolgen kann. Gute Haushalter / Verwalter sind wir dann, wenn wir nicht nur an uns denken, sondern an die anderen, die unsere Begabung notwendig haben. Da gilt, was Bischof Dibelius, der verstorbene Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands, geschrieben hat: Ein Christ ist immer im Dienst. Auch beim Sich-bedienen-lassen.

Ihr

Pfarrer F. Schmidt



Monatsspruch Juni:

Euer Herz sei ungeteilt bei dem Herrn, unserm Gott.
< 1. Könige 8, Vers 61 >


Liebe Gemeinde,

der Monatsspruch stammt aus der Rede des Königs Salomo anläßlich der Einweihung des Tempels in Jerusalem. Mit ganzer Kraft wurde das Gotteshaus erbaut, und nun war es endlich fertig. Wir alle kennen das, wenn ein Ziel, das man sich steckt, erreicht wird, dann tritt eine Phase der Erschöpfung ein, man wendet sich gern etwas anderem zu und die Dienstgemeinschaft, das Zusammenstehen für die vorangegangene Aufgabe, droht zu zerbrechen, weil sich unser Herz einem neuen Schwerpunkt zuwendet. So sind nach der Erfüllung gemeinsamer Anschaffungsziele viele Ehen am Ende, und kopfschüttelnd muß man feststellen, erst schaffen sie sich was, dann gehen sie auseinander. Salomo kennt dies und ermanhnt uns, darauf zu achten, daß das Herz bei dem einen Gott bleibt, der Liebe Vergebung und Neuanfang, das heißt Leben, bedeutet. Das Herz des Menschen, unser Herz, neigt dazu, sich immer wieder neuen Zielen zu verschreiben. Die Bibel weiß davon ein Lied zu singen. Die Auseinandersetzung des Propheten Elia mit einer hundertköpfigen Schar Baalspriestern auf dem Berg Karmel dürfte eine der bekanntesten sein. "Was hinkt ihr auf beiden Seiten", fragt der Prophet die Kinder Gottes und fordert zur Entscheidung auf. Die Richtung ist klar, doch der Weg ist schwer, denn das Herz des Menschen ist wie Quecksilber, das jetzt da, bald anderswo ist, sagt Luther, und ein geflügeltes Wort, "was geht mich mein Geschwätz von gestern an", zeigt in dieselbe Richtung, oder das berühmte Hängen des Mantels mit dem Wind. Euer Herz sei ungeteilt bei dem Herrn, unserem Gott, heißt: trage ihm vor, alles, was dich bewegt, und überprüfe deine Entscheidungen an dem Leben Jesu, und dann entscheide dich, gehe den Weg weiter oder verändere deine Richtung. Du kannst es, denn der Gott der Liebe, er trägt dich, und Pfingsten erinnert uns daran: er gibt dir den Heiligen Geist, den Mutmacher, daß du den Weg gehst, den er dir zeigt.

Ihr

Pfarrer F. Schmidt