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Die besondere Veranstaltung - Ingrid Haker "Du gingst, und alles ist vergangen" Ingrid Haker zeigt in Eisenberg ihr Stück über Maria von Wedemeyer - Rückblick auf das Leben einer einsamen Frau "Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag." So beginnt ein Gedicht von Dietrich Bonhoeffer, das er seiner Verlobten Maria von Wedemeyer am 19. Dezember 1944 aus der Gefangenschaft schickte. Wehmütig liest es die Empfängerin, in deren Rolle Ingrid Haker geschlüpft ist, vor. Die Zuschauer des am Mittwoch im Evangelischen Gemeindehaus Eisenberg aufgeführten Ein-Personen-Stückes "Maria von Wedemeyer - Rückblick auf ein Leben voller Herausforderungen" leiden sichtbar mit. Es ist der letzte "Brautbrief", den die 20-jährige Gutsherren-Tochter von ihrem Geliebten erhielt, der im April 1945 hingerichtet wurde. Der Theologe Bonhoeffer hatte sich am Widerstand gegen das NS-Regime beteiligt und war drei Monate nach seiner Verlobung mit Wedemeyer von der Gestapo verhaftet worden. Die Dramatik der jungen Liebesbeziehung ist zu spüren, manch einer ist zu Tränen gerührt. Untermalt mit jeweils passender Musik stellt Haker vor spartanischer Kulisse sehr gefühlvoll, leise und mit überzeugendem Mienenspiel verschiedene Lebensabschnitte Wedemeyers dar, die sich in ihrem Haus an der amerikanischen Ostküste, kurz vor ihrem Tod im November 1977, erinnert. Schon seit ihrer Schulzeit spiele sie Theater, erzählt die
knapp 63-jährige Haker im RHEINPFALZ-Gespräch. Die Frankenthalerin
hat in Kleinkunstensembles mitgewirkt und ist seit langem Mitglied
der Gruppe "Prisma" in Speyer. Seit 1999 lässt sie
ein größer werdendes Publikum am Leben von Martin Luthers
Frau Katharina von Bora teilhaben, und vor zwei Jahren begann sie,
sich mit Maria von Wedemeyer auseinander zu setzen. "Die Ein-Personen-Stücke
haben als Schulprojekte für Klassen ab der achten Jahrgangsstufe
angefangen", sagt Haker. Das sei ein Riesenerfolg gewesen,
sogar über die rheinland-pfälzischen Landesgrenzen hinweg.
Auf Drängen einiger Pfarrer trat Haker bald auch während
Gottesdiensten auf. Vertreterinnen der Frauenarbeit der Evangelischen
Kirche der Pfalz, in dessen Gleichstellungsbeirat die zweifache
Mutter engagiert ist, haben Haker daraufhin gebeten, doch auch für
Erwachsene zu spielen.
2001 wurde für das neue Stück eine Arbeitsgemeinschaft in der Evangelischen Arbeitsstelle Kirche, Bildung, Gesellschaft in Kaiserslautern gegründet. Das Drehbuch hat Ingrid Haker selbst geschrieben. Drei Monate lang studierte sie das Schauspiel mit der Regisseurin Michaela Sommer aus Neustadt ein. "Insgesamt acht Mal bin ich jetzt damit aufgetreten", berichtet Haker. Und sie hat sich "eingelebt" in die Rolle der lebenslustigen Frau, die bereits mit 21 Jahren ihren Geliebten verliert, dann Mathematik studiert und in die Neue Welt auswandert auf der Suche nach einem neuen Anfang. Wedemeyer ist erfolgreich im Beruf, bekommt mehrere Kinder, aber eine dauerhafte Liebe findet sie nicht mehr. Zwei Ehen gehen in die Brüche, und am Ende bleiben der Krebskranken nur ihr Haus und die Erinnerungen aus den "Brautbriefen Zelle 92" und ihrem Tagebuch: "Du gingst, geliebtes Glück. Wie nenn' ich dich: Not, Leben, Seligkeit? (...) Was bleibt mir: Freude, Qual, Verlangen? Ich weiß nur dies: Du gingst, und alles ist vergangen!" Beim Abtauchen in die Vergangenheit erlebten die Zuhörer ein Wechselbad der Gefühle. Schade, dass sich am Mittwoch nur etwa 70 bis 80 Personen mitreißen ließen. (abf) Die Rheinpfalz - Nr. 212, Freitag, 12.09.2003 |
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