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Kleiderkammer Jede Woche Ansturm wie beim Schlussverkauf STAUF: Seit 14 Jahren gibt es im Aussiedler- und Durchgangswohnheim eine ehrenamtlich geführte Kleiderkammer Ein alter Mann betritt den kleinen Kellerraum im Staufer Aussiedler- und Durchgangswohnheim und blickt Edeltraut Hoch-Schmidt, die Frau des evangelischen Pfarrers in Eisenberg, fragend an. "Nächste Woche habe ich ein Federbett für Sie", vertröstet sie ihn. Seit 14 Jahren leitet die engagierte Frau in den beengten Räumlichkeiten eine Kleiderkammer und gibt kostenlos vor allem gespendete Schuhe, Bettwäsche und Kleidung an die Bewohner des Heims und andere Aussiedler ab. Als das Kinderheim im Burgweg zum Aussiedlerheim umfunktioniert wurde, hatte die gelernte Heilpädagogin "das Gefühl, etwas für die neuen Bewohner tun zu müssen." Sie habe ihnen helfen wollen, sich besser zu integrieren, erzählt sie. Und der Einsatz lohne sich, denn es habe sich ein guter Kontakt zu vielen Aussiedlern entwickelt. Auch Elsa Fink, die inzwischen seit zehn Jahren als ehrenamtliche Helferin dabei ist, habe sie so kennen gelernt: Fink wohnte über zwei Jahre in dem Heim, bevor sie eine geeignete Drei-Zimmer-Wohnung für sich und ihre Familie in Eisenberg fand. Als Dank für die Unterstützung durch die Kleiderkammer lud sie die Pfarrersfrau auf einen Kaffee ein und erfuhr, dass dringend eine helfende Hand benötigt wurde. "Da Elsa Fink als Aussiedlerin russisch spricht, ist sie mir eine doppelte Hilfe", freut sich Hoch-Schmidt. Jetzt kann man sich zwischen den einfachen Sperrholzregalen kaum noch rühren. Viele Hände zerren Pullover und Hosen aus den Stapeln ordentlich gefalteter Wäsche. "Das ist wie im Schlussverkauf. Alles wird herausgerissen und wieder hineingeschmissen. Jeder will der Erste sein, um die besten Sachen zu ergattern", so Hoch-Schmidt. Hilde Ehlers, treue Helferin seit 1989, kommt meist schon eine halbe Stunde bevor die Kleiderkammer geöffnet wird: "Dann stehen schon bis zu 30 Leute vor der Tür", berichtet sie. "Wir haben mal versucht, immer nur drei oder vier Menschen hineinzulassen, aber das gab nur böses Blut", erinnert sich Hoch-Schmidt an Bemühungen, den Ansturm zu lenken. Um Neid und scheinbare Ungerechtigkeiten zu vermeiden, müssen die Aussiedler eine Liste mit den von ihnen mitgenommenen Sachen unterschreiben. "Da gab es beispielsweise einen Mann, der sich sehr darüber aufregte, dass er nie einen Anzug bekomme, während ein anderer ständig welche erhalte", erklärt die Pfarrersfrau den Grund dafür. Aber ansonsten gebe es keine Formalitäten. Die Aussiedler müssen keinen Beleg vom Sozialamt vorlegen wie etwa bei den Kleiderkammern des Deutschen Roten Kreuzes. Es ist wieder Ruhe eingekehrt. Die drei Frauen legen die durchwühlten Kleidungsstücke wieder ordentlich in die Regale. Dann holen sie säckeweise Schuhe aus einem anderen Raum und stellen sie auf die unteren Bretter. Jeden Montag seien sie stundenlang in der Kleiderkammer beschäftigt, erzählen sie, immer abwechselnd mit der Ausgabe und der Annahme sowie Aussortierung gespendeter Sachen. "Wir können nicht alles. gebrauchen", erklärt Hoch-Schmidt und zeigt ein abgetragenes Damenhemd mit Löchern. Da lohne sich das Nähen nicht, sagt sie und stopft es in einen Sack für die Einrichtung Bethel in Bielefeld. Ungefähr 13 Säcke sammeln sich alle zwei Wochen für diese Organisation an. Hinzu kommen alle Sachen, die schon ein Jahr in der Kleiderkammer liegen. Was Bethel nicht für Behinderte gebrauchen könne, werde wiederverarbeitet, weiß Hoch-Schmidt. Die Reparatur kaputter Kleidung vor Ort sei zu aufwändig. 1988 habe man zwei Nähmaschinen angeschafft, erinnert sie sich, "aber die sind längst verschwunden." Wiedergefunden haben die drei Frauen aber immer wieder ihre eigenen Mäntel und Jacken, die schon öfter "einfach weg gewesen" seien. "Wir sind dann von Zimmer zu Zimmer gelaufen", so Hoch-Schmidt. Trotz dieser Erfahrungen lässt sich die Pfarrersfrau nicht entmutigen und hofft auf weitere Spenden. Es gebe viele Privatleute und sogar einige Geschäfte, die regelmäßig Sachen bringen, erzählt sie. Aber seit einigen Jahren merke man schon, dass das Geld nicht mehr so locker sitze. Benötigt werden vor allem Damenkleidung in Übergrößen, Herrenkleidung, Babysachen, Handtücher,
Federbetten, Bett- und Tischwäsche. Auch Spielzeug, Geschirr und Möbel könnten vermittelt
werden, sagt Hoch-Schmidt. (abf)
Wer etwas spenden möchte, kann sich mit Edeltraut Hoch-Schmidt, Telefon 06351/7213, in Verbindung setzen. Die Rheinpfalz - Nr. 57, Freitag, 8. März 2002 |
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Gemeindebrief Blick - Jahresübersicht
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