Evangelische Kirchengemeinde Eisenberg/Pfalz


Jeder Glöckner hat seine eigene  Handschrift

STEINBORN: Freiwillige läuten wieder per Hand die Kirchenglocken

Eine Rarität für Freunde des Glockenklangs lässt regelmäßig in Steinborn ihre weithin hörbare Stimme erschallen. Vor den Gottesdiensten der protestantischen Gemeinde ruft die Glocke die Gläubigen abwechselnd samstags um 18.45 Uhr oder sonntags um 10.45 Uhr ins Haus der Kirche im Steinborner Zentrum. Wenn sie außerhalb dieser Zeiten ertönt, ist dies das Zeichen, dass ein Todesfall eingetreten ist.

Hier gilt die Regelung, dass bei Bewohnern der Paul-Münch-Straße im ältesten Steinborner Ortsteil, wo auch der Glockenstuhl steht, unmittelbar nach Bekanntwerden der traurigen Nachricht die Glocke in Bewegung gesetzt wird. Für die restlichen Steinborner - und zwar konfessionsübergreifend - gibt es einen festen Läutetermin um 13 Uhr, falls einer der Glöckner von den Angehörigen informiert wird.

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Einzigartig in der Region: In Steinborn werden die
Glocken von Freiwilligen - der "Glöcknergilde" -
mit der Hand geläutet. - Foto: Studenski

Die Glöckner sind noch eine Besonderheit, denn hier wird, weithin einzigartig, die Glocke noch im Handbetrieb am Seil in Bewegung gesetzt. Für diesen Dienst, der auf Anregung von Pfarrer Karl-Ludwig Hauth vor etwa zwei Jahren nach einer Ruhepause von einigen Jahren wieder aufgenommen wurde, haben sich spontan etwa fünf Mitarbeiter in einer "Glöcknergilde" zusammengeschlossen, die nach einem festgelegten Plan ihren Dienst versehen.

Bei Regenwetter schwierig

Presbyter Horst Koppenhöfer, der in unmittelbarer Nähe des Glockenstandorts wohnt und dessen Vater schon als Glöckner tätig war, hat den Freiwilligen eine ausführliche Einführung in die Kunst des Handläutens gegeben. Etwas schwierig wird es allerdings bei Regenwetter, denn der Glockenstuhl ist rundum offen, so dass der jeweilige Glöckner in der einen Hand den Regenschirm halten muss, während die andere am Seil zieht. Besonders wichtig sei, so Koppenhöfer, dass die Glocke kräftig angezogen wird, um somit ein "Nachbimmeln" zu vermeiden. Geübte Ohren können beim Glockenklang auch feststellen, dass jeder Glöckner eine individuelle "Handschrift" bei seiner Tätigkeit hat. Neben dieser traditionellen Bedienungsweise ist auch die Geschichte der Glocke interessant. Beim ersten Gottesdienst 1956 im Siedlerheim wurde der Gedanke gefasst, eine Glocke anzuschaffen. Der Wunsch konnte bald verwirklicht werden, heißt es in der Chronik der Siedlergemeinschaft Steinborn (SGS), denn Baron Ullrich von Gienanth stiftete der Siedlergemeinschaft eine Glocke, die im Kriegsjahr 1940 in Stahlguss mit einer Sonderlegierung im Gienanth-Werk gegossen worden war. Sie diente im Werk als Zeichen für den Arbeitsbeginn, die Pausen und das Arbeitsende. Direktor Karl Schuster stiftete den Glockenstuhl für die Steinborn-Siedlung, der im April 1956 von den Siedlern aufgestellt wurde, so dass unmittelbar danach die Glocke an ihrem neuen Standort ihren Dienst versehen konnte. (hsc)

Die Rheinpfalz - Nr. 181 - Samstag, 07. August 1999


Die evangelische Kirche und ihre Glocken

EISENBERG: Der Speyerer Architekt Schöberl wurde vom damaligen Presbyterium der evangelischen Kirchengemeinde Eisenberg beauftragt, einen Bauplan und einen Kostenanschlag für eine neue Kirche vorzulegen.
Die Planung des Speyerer Architekten fand Zustimmung und man übergab der Bauunternehmung Walter den Auftrag für die Bauarbeiten der neuen evangelischen Kirche.
Nach dem Abriß der früheren Kirche wurde mit dem Bau der neuen Kirche begonnen und am 19. März 1899 die Grundsteinlegung vollzogen.
In den Grundstein wurde damals eine Urkunde auf Pergament geschrieben, eine Bibel und eine Flasche Eisenberger Wein, Jahrgang 1897, eingelegt, die von dem Eisenberger Ratsmitglied Daniel Anspach gestiftet wurde. Weiterhin lagen einige Münzen damaliger Prägung der Grundsteinöffnung bei. Bereits im April 1900 wurde ein Kostenvolumen von 153.800 Mark ermittelt. Das neue Gotteshaus konnte schließlich am 14. Oktober 1900 eingeweiht werden. Bereits im Jahre 1911 erhielt die Kirche eine Zentralheizung und im Jahre 1914 elektrisches Licht.

Dem zweiten Weltkrieg fielen dann von dem 1900 beschafften vierstimmigen Geläut die drei größten Glocken zum Opfer. Sie mußten am 21. April 1942 auf dem Turm zerschlagen und zum Einschmelzen für Wehrmachtszwecke abgeliefert werden. Nur die Glocke "Clara" als kleinste wurde der Kirchengemeinde belassen. Die politische Gemeinde hatte schon am 16. Januar 1941 die nach Abbruch der alten Simultankirche übernommene kleine Bronzeglocke, die 1710 unter Pfarrer Philipp Daniel Schäfer auf den Turm der Simultankirche gekommen und die zuletzt auf dem 1893 fertiggestellten Erweiterungsbau der früheren Volksschule auf der Südseite des späteren Rathaushofes, aufgesetzt worden war, abliefern müssen. Sie wurde jedoch nicht eingeschmolzen, so daß die Gemeinde Eisenberg sie 1949 aus einem Glockensammelplatz in Düsseldorf zurückholen konnte. Sie fand später als Sterbeglocke 1962 neben der neuen Friedhofskapelle einen würdigen Platz.

Bereits am 15. Februar 1951 wurden drei neue Kirchenglocken aus Gußstahl aus Bochum beschafft. So wurden die jetzigen Glocken am 21. Oktober 1951 eingeholt und am 4. November 1951 in Dienst gestellt. Die vier Glocken heißen: "Gloriosa", "Irene", "Angela" und "Clara". Clara, die kleinste mit 750 kg, wurde in Kaiserslautern von der Glockengießerei Pfeiffer gefertigt.

Quelle: Chronik von Eisenberg


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