Jesus Christus spricht: was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze
Welt gewinnt, dabei aber sich selbst verliert und Schaden nimmt.
< Lukas 9, Vers 25 >
Vorsicht, Gefahr singnalisiert uns dieser Spruch und gleichzeitig gibt er
einen Hinweis auf die Notwendigkeit der Kirche. Sie ist dazu da, Schaden
vom Menschen abzuwenden. Schaden, der den Menschen an seiner Wurzel trifft,
der aber als solcher nicht sofort zu erkennen ist. Denn dieser Schaden scheint
auf den ersten Blik ein Gewinn zu sein. Zumindest wird er uns als Gewinn
angetragen, als etwas das Leben Bereicherndes. Oder finden wir die
Erlebnisgesellschaft, in der wir leben, als etwas Bedrohliches, als etwas
an die Wurzeln unseres Leben Gehendes?
Erleben, da wird etwas geboten, und jeder bemüht sich, ein Erlebnisprogramm
anzubieten, und hat uns Gott nicht in eine Welt gestellt, in der es viel
zu erleben gibt? - Es ist nur die Frage, worauf sich das Erleben bezieht.
Wollen wir Programme erleben, die sich an uns ausrichten, damit wir das rechte
und schöne Erlebnis haben, oder sind wir bereit, zu erleben, wie es
ist, von Gott in einen bestimmten Zeitraum und an einen bestimmten Ort gestellt
als sein Geschöpf zu leben, in der Gewißheit, daß mir Zeit
und Ort von Gott geschenkt wurden, um das Programm seiner Liebe zu den Menschen
zu gestalten? - Wo nun liegen die Unterschiede? Das Programm, das sich nur
an meinen Bedürfnissen und der Befriedigung meines Erlebnisdrangs
orientiert, wird zwangsläufig dazu führen, daß der Zusammenhalt
der Menschen, die gegenseitige Rücksichtnahme und Verantwortlichkeit
für das Ganze, immer mehr verschwinden, weil jeder nur haben und besitzen
möchte und nicht daran denkt, daß die Lebensgrundlage das
verantwortliche Mit- und Füreinander der von Gott geliebten Menschen
ist. Die Kirche erinnert uns daran, daß es nicht darauf ankommt, meiner
Seele ein religöses Programm anzubieten, das sie Æhappy“ macht,
sondern daß die Liebe Gottes zu allen Menschen und zur gesamten
Schöpfung gelebt wird. Die Kirche hilft dabei, indem sie klar und deutlich
zu den einen sagt: Æwir sind für alle da, die ihr noch auf dem
Erfolgs- und Erlebnistrip seid“, und zu den anderen: Æihr braucht die
Kirche, um für andere dasein zu können“. Ganz konkret: Um den
Notleidenden und den Schwachen bei uns und in den Ländern der Dritten
Welt helfen zu können, benötigen wir die Mithilfe eines jeden
Einzelnen. Denn nur dadurch werden wir in die Lage versetzt, jede Mark, die
uns zur Behebung von Hunger und Elend gegeben wird, auch weiterzugeben. Je
mehr Menschen für andere glauben und beten, umso stärker können
in den egoistischen Erfolgs- und Erlebnisprogrammen nachdenkliche Töne
zu Gehör gebracht werden, kann ein bißchen Wärme aufkommen
und der Lokruf Jesu: Ækommet her zu mir alle, die ihr mühselig
und beladen seid, ich will euch erquicken,“ als Seelenheilmittel in die
Dunkelheit des Einzelnen eindringen, damit die Seele keinen Schaden nimmt.
Dazu benötigt die Kirche 1997 jeden Einzelnen in unserer Stadt und in
unserem Land.
Ihr
Pfarrer F. Schmidt