Evangelische Kirchengemeinde Eisenberg/Pfalz


Begegnung: Friedrich Schmidt 

„Ich fühle mich weiter als Sprachrohr der Schwächeren“

EISENBERG: Evangelischer Pfarrer wird am Sonntag verabschiedet

Von unserer Mitarbeiterin Anja Benndorf

„Beim Abschiedsgottesdienst werde ich nur von meiner Verantwortung entpflichtet, aber nicht von meiner Ordination: Ich bleibe Pfarrer“, blickt der evangelische Geistliche Friedrich Schmidt auf den kommenden Sonntag, 29. Oktober. Nach gut 43 Jahren im Kirchendienst, davon 28 Jahre in Eisenberg, wird Dekan Dieter Weber den gebürtigen Lampertheimer dann von seinen offiziellen Aufgaben entbinden.

Danach werde er zwar „kein Pfarrer in Rufweite“ mehr sein, aber sich weiterhin im sozialen Bereich engagieren, kündigt Schmidt an. Er habe sich immer als Sprachrohr der Schwächeren gefühlt und daran werde sich nichts ändern. „Kirche hat grundsätzlich auf der Seite der Armen, der Minderheiten und der Ohnmächtigen zu stehen“, betont der gelernte Maschinenschlosser und ehemals aktive Gewerkschafter. Insofern sei es ihm immer wichtig gewesen, nicht in das Horn der Mächtigen und der Politiker zu blasen.

Schmidt ist kein bequemer Zeitgenosse. Er sagt seine Meinung, Freiheit ist oberstes Gebot. So machte er unmissverständlich klar, dass er keine gemeinsamen Gottesdienste mit Muslimen machen werde, solange er als Christ „mit der Bibel im Koffer“ nicht in die Türkei einreisen dürfe. „Das ist nicht eine Sache des Glaubens, sondern hier wird politische Macht ausgespielt“, meint er.

Auch stimmte der Geistliche neben einem einzigen anderen der über 50 versammelten Kollegen bei der jüngsten Bezirkssynode in Steinborn gegen den Anschluss des Kirchenbezirks Grünstadt an die Aktion „Rechtsextremismus? Wir tun was!“ des Landkreises Bad Dürkheim. „Wozu brauchen wir eine Resolution? Jeder Pfarrer muss seiner Gemeinde klar machen, dass Radikale hier keinen Fuß auf den Boden setzen können. Das ist doch selbstverständlich!“ Er habe „kein Ehrfurchtgefühl gegenüber Titeln“. Dennoch versichert der Pfarrer, mit der Verwaltung stets gut ausgekommen zu sein. „Meine Einstellung ist in Eisenberg respektiert worden“, schaut der 65-Jährige zufrieden zurück.

In der Ortschronik wird er später vermutlich vor allem auch mit den baulichen Veränderungen während seiner Amtszeit in Verbindung gebracht, unter anderem der Sanierung der protestantischen Kirche und des Gemeindehauses sowie der Errichtung des Hauses der Kirche. „Als ich 1978 nach Steinborn kam, war ich ein Pfarrer ohne Gotteshaus“, erinnert sich Schmidt. Eine Umfrage unter den Einwohnern habe ergeben, dass eine Kirche mit integriertem Versammlungssaal gewünscht wurde. Zwischen 1985 und 1987 wurde dann das Haus der Kirche errichtet, an dessen Finanzierung sich die Stadt Eisenberg und die katholische Kirche beteiligten und dafür Nutzungsrechte erhielten. „Ein Viertel der Baukosten von rund 800.000 Mark kam aber allein durch Spenden aus der Bevölkerung zusammen“, berichtet Schmidt, der nie aus Steinborn (Pfarrstelle Eisenberg II) weg wollte.

Im Mai 1990 wurde er aber von Pfarrer Karl-Ludwig Hauth abgelöst und übernahm dann Eisenberg I. Hier lag und liegt ihm besonders der protestantische Kindergarten am Herzen. Vor kurzem hat sich Schmidt noch für die Einrichtung einer Küche mit Speiseraum für die Ganztagsbetreuung eingesetzt. „Das hätte ich gern viel früher gesehen“, sagt der sechsfache Vater und sechsfache Großvater, der eigentlich noch die Betreuungszeiten bis 20 Uhr ausdehnen wollte. „Wir müssen auf den Wandel in der Gesellschaft reagieren. Meiner Erfahrung nach werden die Bedürfnisse der Eltern bei Öffnungszeiten von 7 bis 16 Uhr nicht mehr abgedeckt“, so Schmidt.

06pfsmbg.jpg (23 KB) - Foto: Benndorf

„Sozialarbeit ist mein Hobby“, sagt Pfarrer Friedrich Schmidt.
Auch im Ruhestand will sich der Theologe für die Benachteiligten
in der Gesellschaft einsetzen.
- FOTO: BENNDORF

Obwohl der Theologe nicht all seine Vorstellungen bis ins Detail verwirklichen konnte, zieht er eine durchweg positive Bilanz. Besonders stolz ist er auf die Initiative „Helfende Hände“. Sie wurde 2003 durch das Presbyterium auf Anregung von Horst Altenbrandt, einem ehemaligen Prokuristen der Gebrüder Gienanth GmbH, ins Leben gerufen und 2005 als gemeinnütziger Verein unter Schmidts Vorsitz anerkannt. „Mit unserem Spendenfonds, in den allein jetzt im Sommer 4000 Euro geflossen sind, begleiten wir Menschen in Grenzsituationen“, erläutert er. Das seien in erster Linie Hartz-IV-Empfänger. „Im ersten Vereinsjahr haben wir drei Waschmaschinen vermittelt, drei zinslose Darlehen gewährt und vier Mal Bedürftige bei Amtsangelegenheiten unterstützt“, strahlt er - und ist ganz in seinem Element.

Es sei ein Erlebnis zu helfen, meint er, „Sozialarbeit ist mein Hobby“. Insofern werde er weiterhin in dieser Sache tätig sein und dem jungen Verein zur Seite stehen. Darüber hinaus wird sich Schmidt viel Zeit für Dinge nehmen, die bisher zu kurz gekommen sind. „Ich freue mich darauf, lange, intensive Gespräche mit Mitmenschen zu führen sowie Alte und Kranke zu besuchen“, sieht er seinem neuen Lebensabschnitt im Vertrauen auf Gott entgegen, „der mir ganz sicher entsprechende Aufgaben stellen wird“.

I N F O

Der Abschiedsgottesdienst für Pfarrer Schmidt in der protestantischen Kirche in Eisenberg am Sonntag, 29. Oktober, beginnt um 10 Uhr.

Die Rheinpfalz - Nr. 247, Dienstag, 24. Oktober 2006


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